Als wir am 2. April in unser Wohnmobil stiegen, hatten wir nur eine ungefähre Vorstellung davon, wohin wir fahren, wie viel Zeit wir an welchen Orten verbringen und welche Städte und Länder wir besuchen würden. Wir nahmen uns vor, dort, wo es uns gefällt, zu bleiben. So lange es uns gefällt. Und weiterzufahren, wenn die Zeit dafür reif ist. In der verlassenen Stadt Esmoriz etwa hielt es uns nur eine Nacht, im bunten Aveiro hingegen rund eine Woche.
Unser Plan geht also auf. Unterwegs haben wir viele wunderschöne Orte gesehen, viele nette, hilfsbereite Menschen getroffen, fantastisch gegessen und gelernt, wie wenig man zum Leben braucht. Kleidung, Platz, Luxusgüter: Von all dem haben wir wenig. Doch uns fehlt nichts.
Warum mit etwas warten, wenn man es jetzt tun kann?
In Lagos an der Algarve haben wir Franziska und ihre 9-jährige Tochter Eshaya kennengelernt. Die Beiden bereisen die Welt – ein ganzes Jahr lang. Wie wir, in einem Mitsubishi L300 samt Wohnmobil-Aufbau. Sie leben so, wie sie es möchten, machen jeden Tag zu ihrem Tag. Sie genießen ihr Leben. Jetzt; nicht irgendwann.
Und ganz nebenbei lernt Eshaya in diesem Jahr vermutlich mehr, als ihre daheim gebliebenen Mitschüler in der 3. Klasse. Es stehen nicht nur Mathematik und Englisch auf dem Lehrplan. Die kleine Weltreisende lernt auch viele andere Kulturen kennen und sieht wie Menschen in Portugal oder Thailand das Gleiche machen wie wir in Deutschland. Nur, dass sie es manchmal auf eine etwas andere Art machen.
Same same, but different
In Italien etwa essen sie Nudeln mit einer Gabel. In Japan hingegen mit Essstäbchen. Während man sich in Deutschland ein Autokennzeichen aussuchen kann, behalten Fahrzeuge in Portugal ein Nummernschild ihr ganzes Leben lang. Wir können es kaum erwarten, mit 18 von zu Hause auszuziehen. Spanier leben oftmals noch mit 35 oder 40 bei ihren Eltern – und hocken ständig in ihren Autos auf irgendwelchen Parkplätzen, um sich in Ruhe mit jemandem über private Dinge zu unterhalten.
90 minus 60
Zwei Drittel unserer fantastischen Reise durch Europa sind um. Derzeit befinden wir uns in Mazagón und besuchen meine Cousine. Erst vor zwei Tagen haben wir Portugal verlassen – nach exakt einem Monat. Hinter uns liegen etwas mehr als 5.000 Kilometer. Vor uns? Wir wissen es nicht. Den einen oder anderen Artikel über Portugal wird es aber noch geben. Über Lissabon etwa. Oder die bunteste Stadt, die wir je gesehen haben: Aveiro. Und dennoch: Irgendwann wird aus der Linie ein Kreis. Wie im Spieleklassiker Snake beißt sich die Schlange dann in den Schwanz und das Spiel ist aus. Doch noch ist es nicht soweit. Und wenn etwas endet, beginnt gleichzeitig auch etwas Neues. Schließlich hat Europa noch viel mehr zu bieten als Meer und Tapas.