Bevor wir uns auf den Weg gemacht haben, wollte ich Frankreich meiden, umfahren und weglassen. Warum? Ich weiß es nicht mehr genau. Vielleicht mochte ich die Sprache nicht wirklich. Vielleicht dachte ich: Was hat Frankreich schon zu bieten? Einen Eifelturm, die Stadt der Liebe, Demonstranten mit gelben Westen, Wein und Käse? Ich war noch nie länger als einen Tag in Frankreich und irgendwie zog mich auch nichts hin. Doch ich muss Melli danken, dass sie mich dazu überredet hat, die gesamte französische Küste zwischen Belgien und Spanien hinunterzufahren.
Die Menschen in diesem Land sind so unglaublich freundlich und hilfsbereit. Es gibt so viele schöne Orte, felsige Küsten, atemberaubende Landschaften, malerische Dörfer, derart leckeren Käse (St. Félicien ist seit zwei Wochen mein absoluter Lieblingskäse – ja, noch vor griechischem Feta) und so viele verschiedene Sorten Bier (La Goudale sollte jeder Biertrinker mal probiert haben), sodass ich Frankreich ins Herz geschlossen habe. Zumindest so, wie ich es bisher kennenlernen durfte. Und auch mit der französischen Sprache habe ich mich angefreundet. Aber: Ich hab immer noch keine Ahnung, wie es in Paris zugeht.
Gib Gas!
Was überhaupt nicht zu den gelassenen und freundlichen Franzosen passt, ist ihre Art Auto zu fahren. Wir sind mit unserem 65-PS-Mobil nicht wirklich schnell unterwegs. Zumal auch Phillipe sagte: “langsam”. Doch selbst wenn wir mit 80 km/h auf der Landstraße fahren, auf der ebendiese Höchstgeschwindigkeit erlaubt ist, juckt es viele Franzosen im rechten Fuß. Bei jeder Möglichkeit wird man überholt – durchgezogene Linien und Überholverbotsschilder werden von einigen sogar nur als Vorschlag aufgenommen. Dabei versucht das Land mit Todeshubbeln aus der Hölle und vielen Blitzern die Raser vom Rasen abzuhalten. Doch wenn dich auf einer dieser haushohen Bremsschwellen, auf denen stets auch Zebrastreifen auf den Asphalt gepinselt sind, ein Peugeot, Renault oder Citroen in einer 30er-Zone mit 50 km/h überholt, weißt du, dass die deutschen Autobahndrängler mit ihren Blinkern und Lichthupen in Frankreich gut aufgehoben wären.